Wenn Sie schon immer einmal hinter die Kulissen des Weinanbaus in der Provence schauen wollten, dann können Sie dieses jetzt mit Cay Rademacher tun. Der Autor der erfolgreichen Krimireihe um Capitaine Roger Blanc öffnet seinen Lesern die Tore zu einer Domaine in der Gemeinde Lançon, deren Besitzer sich mit den Folgen des Klimawandels auseinandersetzen müssen. Das Weingut wird aber auch zum Schauplatz eines Verbrechens. In Unheilvolles Lançon (gerade erschienen bei DUMONT) wird Capitaine Blanc mit Geheimnissen und tödlichen Intrigen konfrontiert. Schnell ist Schluss mit lustig. Das traumhafte Château inmitten scheinbar unendlicher Rebflächen wird zu einem Albtraum. Denn jemand aus der Winzerfamilie oder deren Freundeskreis geht offenbar über Leichen, um sein Ziel zu erreichen. Kommissar Roger Blanc ermittelt in der Welt des Weins, die nicht immer vor guter Laune prickelt.
Cay Rademacher: „Das Schreiben macht mir viel Spaß“
„Jetzt im Mai ist das Thema Wein genau richtig. Die Rebflächen sind grün, die Trauben beginnen zu wachsen“, erzählt Cay Rademacher. „Ich wollte schon immer einmal über Wein schreiben. Bei der interessanten Recherche habe ich viel gelernt. Wegen des Klimawandels stehen die Winzer vor einer anspruchsvollen Aufgabe, die überhaupt nicht einfach zu lösen ist.“ Nicht nur der Autor trinkt sein Glas Rosé fortan mit mehr Respekt vor der schwierigen Arbeit der Weinbauern – auch der Leser wird es nach der spannenden Lektüre tun. Cay Rademacher wollte „weg vom Klischee Rosé und Provence“, sondern aufklären, den Blick weiten für die Probleme, welche die vom Menschen gemachte Erderwärmung in einer der schönsten Urlaubsregionen der Welt anrichtet. Allein schon dieser Hintergrund ist ein Krimi, und zwar ein ganz realer. „Die Winzer reden ganz offen darüber und wie kompliziert es ist, die richtige Entscheidung für die Zukunft zu treffen“, sagt Rademacher, der seit Jahren mit seiner Familie in Salon-de-Provence lebt, ganz in der Nähe des Schauplatzes seines neuen Kriminalromans. Die Domaine zu suchen, ist übrigens Zeitverschwendung: Sie ist fiktiv.
Die nach Einwohnern kleine Gemeinde Lançon ist real. Flächenmäßig ist sie eine der größten in Frankreich. Provence-Reisende kennen sie – oder richtiger – die Mautstation Gare de Péage de Lançon auf der Autoroute du Soleil. Lançon liegt im Département Bouches-du-Rhône, das sich von Avignon bis hinunter zur Mittelmeerküste zwischen dem Rhône-Delta und Saint-Cyr-sur-Mer erstreckt. In Bouches-du-Rhône wird Capitaine Roger Blanc auch seinen zwölften Fall lösen. „In Saint-Rémy-de-Provence“, wie mir Cay Rademacher im Interview verrät. Alles weitere im nächsten Jahr. Und danach? „Es wird weitergehen. Das Schreiben macht mir sehr viel Spaß. Aber es wird sich etwas verändern.“ Vielleicht erhält der Kommissar ein neues Revier, neue Kollegen. Alles offen. Es bleibt spannend.
Remy Eyssen: „Skurrile Geschichten machen den Krimi leichter“
Im rund 150 Kilometer entfernten Küstenstädtchen Le Lavandou steht Rechtsmediziner Leon Ritter vor seinem zehnten Fall. Auf die sonnige Idylle an der Côte d’Azur fällt ein bedrohlicher Schatten, als die kopflose Leiche einer Frau gefunden wird. Den Kopf entdecken die Ermittler um Kommissarin Isabelle Morell wenig später. Die Tat erinnert an einen Mord, der Jahre zurückliegt. Als eine zweite Frau auf dieselbe bestialische Weise getötet wird, ist sich Leon Ritter sicher, dass er es mit einem Serienkiller zu tun hat – und mischt sich einmal mehr in die Polizeiarbeit ein. In Verräterisches Lavandou (erscheint am 30. Mai bei Ullstein) sorgt Remy Eyssen einmal mehr für gruselige Gefühle beim Leser. „Klingt gemein. Das macht man doch eigentlich nicht“, sagt der Autor nicht so ganz ernst gemeint, räumt jedoch ein: „Aufgrund der allgemeinen politischen Lage wollte ich nicht so brutal werden. Meine Tochter fand das Exposée aber gut. Also hab ich es gemacht.“ Katharina Eyssen ist eine erfolgreiche Dramaturgin und Drehbuchautorin, die zum Beispiel zusammen mit ihrem Vater zwei Barcelona-Krimis für die ARD geschrieben hat. Sie muss es also wissen.
In Lavandou geht es allerdings auch ganz menschlich zu. Kein Geringerer als Monsieur le Président weilt ganz in der Nähe in der Sommerresidenz der französischen Staatsoberhäupter, Fort de Brégançon, und beginnt eine Affäre mit der Leiterin des office de tourisme. Der Präsident hat natürlich keinen konkreten Namen. „Dafür habe ich zu viel Respekt vor den französischen Präsidenten“, sagt Remy Eyssen. Und Leon Ritter steht plötzlich einem jungen Mann gegenüber, der angeblich sein Sohn aus einer Sommerliebe ist. „Das glaube ich ja selbst nicht“, zeigt der Autor seine humorvolle Seite. „Solch‘ skurrile Geschichten machen den Krimi leichter. Jeder Ort hat ja eine skurrile Geschichte.“ Und am Ende? „Ist alles wieder gut und das Leben wunderschön. Es gibt Figuren, die kommen und gehen. Danach ist alles wieder in seiner gewohnten Ordnung.“ Remy Eyssen liebt das im Sommer so lebensfrohe Le Lavandou, wo er als Kind viele Wochen im Jahr verbracht hat und das Ferienhaus der Familie steht. „Lavandou ist ein Stück Heimat für mich, sehnsüchtige Vergangenheit. Deshalb vermisse komme ich immer wieder gerne.“
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