Ein Paradies in der Provence: Der Blick von der Terrasse auf den Mont Ventoux. Foto: Axel Birgin

Ein Haus voller Träume in der Provence

30. Dezember 2023 | 1 Kommentar

Im Département Gard mit Blick über das Tal der Rhône bis hin zum Mont Ventoux: Axel und Marie Birgin erfüllten sich mit dem alten Haus, umgeben von Natur und Stille, ihren Lebenstraum. In seinem Buch Sehnsuchtsort und Ankerpunkt erzählt Axel eine sehr persönliche und ganz französische Realität.

„Wenn ihr dort ankommt, wo das Navi versagt, und die Schmetterlinge Tango tanzen, dann habt ihr uns gefunden“, beschreibt Axel Birgin die Anreise zu seinem und Maries Haus in der Provence. Tatsächlich landen wir irgendwo im Nirgendwo. Das Navi schickt uns auf unbefestigte Feldwege. Ein absolutes No-Go für unser Auto. Ratlosigkeit macht sich breit. In dieser Gegend sind die Orte alle irgendwie heilig, stellen wir fest, was uns aber auch nicht hilft. Pont-Saint-Esprit ist einer davon, doch unser Ziel ist er nicht. Also weitersuchen. Wir sind old-school und haben Straßenkarten dabei. Da müssen wir hin, aber wo geht’s lang? Weit und breit kein Mensch, den wir fragen könnten. Wir landen in einem winzigen, romantischen Dorf auf einer Anhöhe. Wieder falsch. Wie wir es dann letztendlich geschafft haben, die tanzenden Schmetterlinge zu finden, das wissen wir bis heute nicht. Was wir aber wissen, ist: Dieses Haus ist wirklich ein Paradies.Wir werden auch nicht verraten, wo genau es steht. Findet ja sowieso keiner.

Entspannt im Garten: Marie und Axel Birgin. Foto: Birgin

Dort, wo die Orte alle heilig sind

Axel Birgin hatte schon früh ein Faible für Frankreich. Seine Heimat Karlsruhe stimulierte das Interesse für die Nachbarn: „Schließlich isst man gern im Elsass.“ Segeltörns mit Freunden von Fréjus nach Korsika hinterließen nachhaltige Eindrücke. Dann ging es in die weite Welt hinaus. „Ich war reise-süchtig und fotografie-begeistert“, erzählt der gelernte Fernmeldemonteur und Entwickler einer Software zur Erstellung von e-Learnings, mit der er viele Jahre erfolgreich selbstständig war. Irgendwann verschlug es ihn während der Osterzeit in die Provence – zum Fotografieren. Axel widerfuhr das gleiche Schicksal wie vielen anderen Frankreich-Touristen: Er verliebte sich in dieses Land mit seiner unverwechselbaren Lebensart. Immer, wenn es seine Arbeit zuließ, packte er die Kamera ins Auto, fuhr ins Languedoc, in die Provence und begann im Département Gard – im Norden die Ardèche, im Osten die Rhône, im Süden die Cèze – nach einem Haus zu suchen. Gefunden hat er es mit seiner damaligen Ehefrau 1994: eben dort, wo die Orte alle saint, heilig, sind, und die Schmetterlinge Tango tanzen.

Der Sehnsuchtsort ist ein 300 Jahre altes Bauernhaus mit ausreichend Grund drum herum und nicht zu weit im Hinterland. Knapp 30 Jahre später sitzen wir mit Axel und Marie, die 2012 in sein Leben getreten war, auf der Terrasse und schauen auf den Mont Ventoux. „Ich habe es nie bereut“, sagt Axel, und Marie, die ihn lächelnd anschaut, denkt dies offensichtlich auch – in zweierlei Hinsicht. Wir können das verstehen und freuen uns, an diesem Ort Gäste sein zu dürfen.

Ein Garten voller Überraschungen. Foto: Birgin

Stille – Nur der Wind ist zu hören

Auf der holprigen Zufahrt stellen wir das Auto einfach ab. Marie und Axel kommen uns entgegen. Es folgt die typisch französische Begrüßung. Am alten, rostigen Eisentor, das selten geschlossen wird, behaupten sich Rosmarin und Oleander. An der Hauswand aus Bruchstein klettert eine blaue Glyzinie empor. Auf dem Innenhof mustert uns aus sicherer Entfernung eine Katze und sucht schnell das Weite. In der Remise haben sich alte Metallgegenstände, Werkzeuge, Blumentöpfe, Holz und vieles mehr angesammelt. Wie wir später erfahren, ist es das Atelier von Marie und Axel. Olivenbäume, Feigenbüsche, Pinien und Zypressen, eine riesige Agave – etliche Gewächse im Laufe der Jahre selbst gepflanzt – haben sich auf dem Anwesen breit gemacht. An Mauern und in Tontöpfen gedeihen die schönsten Blumen. Es ist still. Nur der Wind, der an diesem Spätsommertag durch Sträucher und Bäume streicht, ist zu hören. In der Ferne zwitschert ein Vogel. Die Katze miaut und räkelt sich in der Sonne. Marie und Axel sind auf diesem Fleckchen Erde glücklich: „Wir haben unseren Lebensmittelpunkt hierher verlegt. Während der Covid-Pandemie waren wir zum ersten Mal acht Monate an einem Stück hier und haben gewusst, dass wir bleiben. Wer geht auch schon aus dem Paradies weg, wenn man da wohnt?“ In Karlsruhe besitzen sie noch eine Wohnung. Ab und zu fahren sie dorthin, besuchen Freunde.

Künstler, Handwerker und Rentner

Innenansicht. Foto: Birgin

Marie und Axel, die sich gern Maxel nennen, sind Künstler, Handwerker und Rentner. „Am Haus gibt es immer etwas zu tun und zu verbessern. Es wird nie einen endgültigen Zustand erreichen“, sagt Axel Birgin. Überall im und am Haus begegnen uns Skulpturen aus Eisen, Metall und Holz. Einerseits scheinen die Kunstwerke wohl überlegt in Szene gesetzt, andererseits aus dem Zufall entstanden zu sein. So musste eine riesige Tanne gefällt werden, aber nur bis zu einer bestimmten Höhe. Aus dem Stamm zauberten Maries geschickte Hände einen Hahn. Marie Birgin ist Schreinerin, hat sich das Nähen beigebracht, war selbstständige Kostüm- und Bühnenbildnerin. „Jetzt verwirkliche ich im und am Haus meine Fantasien. Und das macht so viel Spaß.“

Axel Birgin bezeichnet sich als Creativ-Ornithologe. Aus Holz und Metall gestaltet er schräge Vögel (schrägevögel.eu). Sein zweites Projekt sind Tropfen-Fotos (liquid-inspirations.de), die mittels Highspeed-Fotografie entstehen. Für beide Arbeiten sind 2024 Vernissagen geplant. 2022 hat er das Buch Sehnsuchtsort und Ankerpunkt geschrieben. Es sind die Geschichten, die Axel mit dem alten Steinhaus erlebt hat: vom Kauf, der Renovierung, den Erlebnissen mit Handwerkern, der Herzlichkeit der Nachbarn, die längst zu Freunden geworden sind. Es ist ein Tagebuch: humorvoll und mit einer Prise Selbstironie. Manches Mal hatten wir das Gefühl, das Bett war noch warm vom verstorbenen Vorbesitzer. Das Buch ist eine Liebeserklärung an Südfrankreich, an seine Bewohner mit ihrer entspannten Lebensart. Das Leben in Südfrankreich ist wie ein guter Krimi. Oft spannend mit vielen Überraschungen und manchmal ruhig wie ein träger Fluss, wohltuend und entschleunigend. „Wir möchten es nicht mehr missen“, sagen Axel und Marie Birgin. (ISBN-13: 9783752642032)

1 Kommentar

  1. Wow. Was für ein schöner Bericht! Bisher durfte ich Axel und Marie „nur“ schriftlich kennenlernen und habe natürlich auch Axels Buch über das traumhafte Bauernhaus gelesen (welches ich absolut empfehlen kann). Auch ich liebe Frankreich und habe mir ganz fest vorgenommen, in diesem Jahr die bezaubernden künstlerischen Rentner in ihrem wundervollen Paradies zu besuchen. Ich bin total gespannt und freue mich schon jetzt auf den zauberhaften Ort mit den tanzenden Schmetterlingen.
    Isa Busch, Erfurt

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