Schließen Sie die Augen und nennen Sie spontan einen der berühmtesten Badeorte auf der Welt. Sie werden mit Sicherheit Saint-Tropez sagen. Tolle Strände, Luxus-Yachten, schöne Frauen und reiche Männer, ein pulsierendes Nachtleben und ein Hauch von Verruchtheit. Zahllose Prominente tummeln sich in Saint-Tropez, dem ehemals kleinen Fischerdorf an der Côte d‘Azur, das heute jeder kennt. Viel besungen – bis hinab zu den Flippers. Und die Gendarmen-Filme mit Louis de Funès zaubern uns noch heute ein Lächeln ins Gesicht. Diese Kinoklassiker sowie Gunter Sachs und Brigitte Bardot haben Saint-Tropez mit seinem Yachthafen, den Sandstränden und Villen auf den Anhöhen der Halbinsel vor dem Massif des Maures in Deutschland bekannt gemacht.
Also, dort saßen wir im Senequier, dem legendären Hafen-Bistro mit dem besten Blick auf die Superyachten und hofften, bei Rosé und Aperol Spritz etwas vom glanzvollen Flair der 1960er bis 1980er Jahre zu erhaschen. Was nicht wirklich gelang. Aber dazu später.
Gunter Sachs ließ Rosen regnen
Damals tobte sich bekanntlich der Jetset in Saint-Tropez aus. Millionen-Erbe Gunter Sachs ließ vom Hubschrauber aus tausend Rosen auf die Villa La Madrague seiner späteren Gattin Brigitte Bardot regnen – kleine Aufmerksamkeit zur Verlobung 1966. Er hätte auch per Cabrio liefern können. Sein Haus an der Plage de Pampelonne, dem größen Sandstrand an der Côte d’Azur, lag ja nicht so weit entfernt. Noch mehr Blicke zog ein Herr namens Porfirio Rubirosa aus der Dominikanischen Republik auf sich. Ein Rennfahrer, Polo-Spieler, Diplomat und vor allem Playboy, der in „Trop“ ständig neue, atemberaubend schöne Gefährtinnen präsentierte und damit ganze Zeitungsseiten füllte. Bei uns pubertierenden Jünglingen löste das wohlige Schauer aus. Kein Vergleich mit den Unterwäsche-Mädels aus dem Versandhaus-Katalog.
Nicht vergessen werden darf Weltstar und Dirigent Herbert von Karajan, der mit seiner Yacht „Helisara“, benannt nach den Initialen seiner Frau und seiner Töchter, durch die Bucht rauschte. Oder Adnan Kashoggi, ein schwerreicher Geschäftsmann mit riesiger Motoryacht. Er machte seine Millionen mit Waffenhandel. Aber das störte damals niemanden. Es ging nur um den Glamour-Faktor. Lady Diana machte im August 1997 auf der Yacht von Dodi Al-Fayed Urlaub, ehe beide zu der verhängnisvollen Reise nach Paris aufbrachen. Wer dazu gehören wollte, und das waren viele, spielte gern mit beim bunten Treiben. Immer dabei: ein Heer von Fotografen und Korrespondenten. So wurde Saint-Tropez zum Sehnsuchtsort auch deutscher Leserinnen von Klatschmagazinen. Sie gierten förmlich danach, am Luxus der Reichen und Schönen teilzuhaben.
Viele der Luxus-Yachten sind gechartet
Zurück zum Saint-Tropez von heute. Unverändert ein wunderschöner, aber sehr touristischer Ort. Kaum ein Haus, in dem nicht Boutique-Verkäuferinnen auf Kunden warten. Prominenz ist natürlich auch da. Aber die schlendert, versteckt unter schlabbrigen Shirts und hinter großen Sonnenbrillen, durch die Gassen. Wer reich ist, trägt den Pelz inzwischen innen, sinnbildlich natürlich. Ist ja meist knallheiß. Viele Touristen kommen per Schnellboot von Sainte-Maxime rüber und verschwinden abends wieder. Wer sich mit dem Auto stundenlang über die Corniche entlang der Bucht quält, findet nur mit Glück einen Parkplatz.
Natürlich sind die Liegeplätze vor dem Senequier gut gebucht. Doch echte Superyachten gibt es kaum. Die russischen Oligarchen dürfen nicht mehr in den Hafen, die US-Milliardäre kommen nur zögerlich zurück. Dafür liegen in der Bucht zahlreiche Schiffe auf Reede. Die Eigner schippern lieber mit dem Beiboot herüber, denn Liegeplätze kosten ein Vermögen. Die Zeiten, als allabendlich Rolls Royce und Bentleys vorfuhren und die Dinnergäste der Yachtbesitzer ausstiegen, sind wohl vorüber. Gespeist wurde damals auf dem Achterdeck, nur wenige Meter entfernt vom staunenden Fußvolk in den teuren Bistros auf der anderen Straßenseite. Luxus beinahe zum Anfassen. Heute sorgt der Blick ins Internet für eine gewisse Ernüchterung. Denn viele der Yachten sind nur gechartert, zwar für den Preis einer kleineren Eigentumswohnung in guter Lage. Pro Woche, versteht sich. Aber eben nur gechartert. Auch der Geldadel tritt kürzer. Rolf Kiesendahl
Vom Fischerdorf zum Tummelplatz für Prominenz und Jetset
Der Schriftsteller Guy de Maupassant wunderte sich Ende des 19. Jahrhunderts noch über Saint-Tropez, wie wir im Reisebuch von Manfred Hammes „Durch den Süden Frankreichs“ lesen können: „Weltabgeschieden, von Frankreich durch seine wilden, weglosen und unbewohnten Berge getrennt, die man Chaîne de Maures nennt, ohne eine andere Verbindung mit bewohnten Gegenden als durch einen altmodischen Stellwagen und ein kleines Dampfboot, so ist Saint-Tropez sicher die eigenartigste unter den kleinen Küstenstädten des Südens.“
Künstler wie Paul Signac und Henri Matisse entdeckten das romantische Fischerdorf. Es war das unvergleichliche Licht der Provence, das sie und viele andere Maler auf die Halbinsel an der Côte zog. Zahlreiche Werke von ihnen sind im Musée de l’Annonciade ausgestellt. Der große Aufschwung setzte ab 1950 ein: Der kleine Hafenort wurde Treffpunkt von Künstlern und Schriftstellern. So zog es Jean-Paul Satre, Simone de Beauvoir und Francoise Sagan in den Süden ans Meer. Saint-Tropez entwickelte sich zum Tummelplatz der Reichen, der Prominenz und des Jetsets mit seinen zuweilen dekadenten Auswüchsen. Nur knapp 4000 Einwohner zählt das Örtchen, das jährlich im Schnitt von fünf Millionen Touristen besucht wird.
Seinen Namen hat es vom Heiligen Torpes, einem römischen Offizier unter Kaiser Nero und christlichen Märtyrer. Als er öffentlich seinen Glaube an den christlichen Gott bekannte, ordnete Nero seine Enthauptung an. Der Leichnam wurde in einer Barke auf dem Arno ausgesetzt und trieb ins Meer. Einer Darstellung nach soll er im Golf von Saint-Tropez angespült worden sein. In der Kirche Notre Dame de l’Assomption (Foto), dem Wahrzeichen des Ortes, steht eine Büste des Heiligen.
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