4500 Seelen, vielleicht ein paar mehr oder weniger, leben in Grimaud samt seinem Hafen: im Winter, wie fast alle provenzalischen Dörfer, erfüllt mit himmlischer Ruhe, im Sommer geflutet von tausenden Touristen. So ist das eben unten im Midi an der Côte d’Azur. Die Einheimischen nehmen’s gelassen, schließlich ist der Tourismus ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor. Und die Reisenden wissen, worauf sie sich einlassen. Nun ist nicht ausgeschlossen, dass es in der kommenden warm-sonnigen Periode – sagen wir so ab dem Frühling – noch ein bisschen turbulenter in Grimaud und vor allem in Port Grimaud in der Bucht von Saint-Tropez zugehen wird. Aber eigentlich ist das schon ziemlich sicher. Da muss man kein Hellseher sein. Und Schuld daran, auch das ist sicher, ist Monsieur Guillaume Lipaire mit seinem etwas unkonventionellen Freundeskreis. Wobei der Hausmeister und Gelegenheitsgauner selbst nun auch nicht gerade zur besseren Gesellschaft zählt – soviel Ehrlichkeit muss sein.
Volker Klüpfel und Michael Kobr nehmen ihre geneigte Leserschaft schon jetzt mit auf die Reise in die Provence. „Die Unverbesserlichen – Der große Coup des Monsieur Lipaire“, just bei Ullstein erschienen, lassen Klimawandel, Inflation, Krieg und Pandemie mal in den Hintergrund verschwinden. Im morgendlichen Sonnenschein in Port Grimaud spielt die Ouvertüre: Im Café Fringale sitzt Guillaume beim typisch französischen Frühstück und blickt versonnen aufs Wasser. Nach all den Jahren immer noch. Hier lässt das Autoren-Duo den Leser mit Monsieur Lipaire in die amüsante wie turbulente Jagd nach eines Rätsels Lösung einsteigen. Ein Unternehmen, das Monsieur Lipaire zu einem reichen Mann machen soll. Und da ja bekanntlich jeder Südfrankreich-Ferienroman auch ein wunderbarer Reiseführer ist, wird sich wohl nicht nur das Café Fringale auf neue Gäste einstellen müssen, die die Spuren des Protagonisten und seines Teams verfolgen werden.
„Einmal auf die andere Seite des Gesetzes begeben“
Volker Klüpfel
Mit ihrem kauzigem Kommissar Kluftinger, der im Allgäu ermittelt, haben Volker Klüpfel und Michael Kobr zusammen mit dem Ullstein-Verlag längst ihr persönliches Husarenstück gemeistert. Knapp neun Millionen Bücher der bisher zwölfteiligen Reihe wurden verkauft, fünf Episoden verfilmte die ARD. Mit ihrer Gaunerkomödie brechen sie nun zu neuen Ufern auf.
Warum haben Sie die Côte d’Azur als Schauplatz ausgewählt? Gibt es nicht schon genug Krimis, die im Süden Frankreichs spielen?
Klüpfel: Erstens ist es gar kein Krimi. Zweitens: Wer bestimmt, wie viel genug ist? Die Region ist faszinierend, das hat tatsächlich schon andere inspiriert. Aber eine Gaunerkomödie, die in Port Grimaud spielt, die die Geschichte dieses einzigartigen Ortes zu einem zentralen Handlungselement erhebt – das gibt es noch nicht.
Haben Sie eine besondere Beziehung zur Côte d’Azur und Grimaud?
Kobr: Als Französischlehrer ist meine Beziehung zu Frankreich ohnehin eine enge. Und Port Grimaud ist ein langjähriger Urlaubs- und Sehnsuchtsort für mich und meine Familie. Ideale Voraussetzungen also, das Städtchen als Schauplatz zu wählen.
Wie ist die Idee zur Buchreihe entstanden?
Kobr: Während eines Aufenthalts, meine Familie und ich hatten eines der hübschen Häuschen am Kanal gemietet, kam die Idee für eine Geschichte, die dort spielen könnte. Mehr noch: Die nur dort spielen kann, wegen der besonderen Geschichte der Siedlung, der besonderen Sozialstruktur, des Spagats zwischen gut betuchten Ferienhausbesitzern, normalen Campingurlaubern, Ladenbesitzern und „echten“ Einheimischen.
Warum eine Gaunergeschichte und kein harter Krimi?
Klüpfel: Wir haben ja mit unserer Kluftinger-Reihe einen klassischen Krimi im Portfolio. Dem wollten wir nicht eine weitere Krimireihe hinzufügen, sondern etwas Neues kreieren. Für uns und für die Leser. Und sich einmal auf die andere Seite des Gesetzes zu begeben, und die Herausforderung anzunehmen, Kleinganoven zu den Sympathieträgern unserer Geschichte zu machen, das hat uns sehr gereizt.
Volker Klüpfel (geboren 1971) und Michael Kobr (geboren 1973) kennen sich schon seit ihrer Schulzeit auf dem Allgäu-Gymnasium in Kempten. Klüpfel wurde nach seinem Studium (u.a. Geschichte und Politikwissenschaften) Journalist. Kobr studierte Germanistik und Romanistik und wurde Realschullehrer für Deutsch und Französisch. Inzwischen sind beide hauptberufliche Autoren.
Gaunerkomödie in neuem Glanz
Gelegenheitsgauner Guillaume Lipaire und seine ziemlich unprofessionelle Truppe wollen also das Rätsel um den Schatz einer französischen Adelsdynastie aus dem Midi lösen. Monsieur, Wassertaxifahrer Karim, Eisverkäuferin Jacqueline, der ehemalige Fremdenlegionär Paul, Ladenbesitzerin Delphine und die 84-jährige Lebedame Lizzy geraten dabei in ein lebhaftes Katz-und-Maus-Spiel und schlittern von einer Katastrophe in die nächste. „Amüsant und stilsicher führt Deutschlands erfolgreichstes Bestseller-Duo das Genre Gaunerkomödie zu neuem Glanz und lässt Erinnerungen an Komiker Louis de Funès und den Spielfilmhit Ocean’s Eleven lebendig werden“, kündigt der Ullstein-Verlag das Lesevergnügen an.
Grimaud und sein Port
Grimaud ist ein außergewöhnlicher Ort. Außergewöhnlich, weil er zwei geteilt ist. Da ist einerseits das Dorf, Village, im Hinterland der Bucht von Saint-Tropez, und anderseits der Hafen, Port, natürlich am Meer. Rund sechseinhalb Kilometer trennen den mittelalterlichen Dorfkern und den neuen Hafen. Terre et mer, Land und Meer, heißt es hier also nicht nur auf der Speisekarte.
Im Jahr 1000 wurde Grimaud erstmals erwähnt. Zeugen der Vergangenheit sind die Ruine der Burg aus dem 11. Jahrhundert, die Windmühle aus dem 17. Jahrhundert, die mitten in Lavendelfeldern steht, und romanische Kirchen. Das Dorf ist sanft restauriert. Der Besucher schlendert durch hübsche Gassen. Blumen, Brunnen und Plätze vermitteln provenzalisches Flair.
Urlauber zieht es nach Port Grimaud am Meer, eine Touristensiedlung auf dem Reißbrett geplant nach dem Muster von Venedig. Autos bleiben draußen. Brücken und Kanäle verbinden die Kais, auf denen sich Restaurants, Läden und Ferienwohnungen aneinanderreihen. Mobilität: per Fuß oder per Boot.
Der französische Architekt und Segler Francois Spoerry (1912 im Elsass geboren, 1999 in Port Grimaud gestorben) erdachte und plante die Lagunenstadt auf dem einstigen Sumpfgebiet. 1964 kaufte er sich dort ein Grundstück und baute sich ein Haus mit eigenem Anleger. Zwei Jahre später begann die Erschließung und Bebauung des gesamten Schwemmlandes. Die letzte Bauphase startete 2006, also nach dem Tod Spoerrys. Die Häuser wurden in angemessener Höhe und provenzalischem Stil errichtet. Die Lagunenstadt sei ein Beispiel für gelungene Architektur, befand das französische Kulturministerium 2002 und verlieh das Gütesiegel „Kulturerbe des 20. Jahrhunderts“.
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