Das historische Hotel Gounod in Saint-Rémy-de-Provence.

Charles Gounods Reise in die Provence

13. November 2021 | 0 Kommentare

Der französische Komponist fährt im Frühjahr 1863 von Paris nach Saint-Rémy, um dort die Oper „Mireille“ zu schreiben – inspiriert durch das provenzalische Gedicht „Mirèio“ von Frédéric Mistral. In der alten Poststation, dem heutigen Hotel Gounod, bezieht der Meister Quartier.

Es ist das Zimmer mit der Nummer 6, in dem Charles Francois Gounod mit 44 Jahren die Oper „Mireille“ komponierte. Im Haus der alten Poststation, dem Hotel Ville Verte, fand der Meister die Ruhe und Abgeschiedenheit, die er brauchte, um nach einem künstlerischen Tiefpunkt wieder ein großes Werk zu schaffen. Hier traf er sich mit dem provenzalischen Literaten Frédéric Mistral, dessen Gedicht „Mirèio“ den Impuls zu dem musikalischen Drama gab. Wenige Monate zuvor erst hatte Gounod in Baden-Baden die tragisch-romantischen Verse des Dichterfürsten gelesen – durch Zufall. Er sei begeistert, fasziniert und hingerissen gewesen.

Die alte Poststation an der Place de la République mitten in Saint-Rémy-de-Provence existiert noch. Aus dem Hotel Ville Verte ist das Hotel Gounod geworden. Betritt der Gast die kleine Empfangshalle, bleibt er staunend stehen und lässt sich von der besonderen Atmosphäre einhüllen: Eine Zeitreise in die Vergangenheit beginnt. Dank Karine Piel. Die ehemalige Anwältin aus Perpignan kaufte dieses Kleinod im Jahre 2014. „Ich habe dieses Haus gesehen und war sofort darin verliebt“, erzählt sie uns. „Ich wollte und habe mein Leben geändert, die Robe beiseite gelegt und dieses Hotel in Erinnerung an den französischen Komponisten und seine Epoche wieder aufleben lassen.“ Eine besondere Beziehung zu Charles Gounods Werken hatte sie nicht. „Das Haus, die Geschichte haben mich einfach fasziniert.“ Und so ist es nicht verwunderlich, dass Kunstausstellungen, Musikabende und vieles Kulturelle mehr in diesem einzigartigen Hotel stattfinden, das mit sehr viel Liebe zum Detail dekoriert ist.

Geschichte zum Apéritif

Zur Apéritif-Stunde füllt sich die Bar mit ihren plüschigen Sofas, dem Klavier, den dicken Deckenbalken, den Spiegeln, Uhren, Lampen und unzähligen Kunstgegenständen. Die Gäste schauen und genießen. Die Gespräche sind gedämpft. Barmann Jean-Francois mag diese Zeit zwischen den Erkundungen am Tage und dem Dinner am Abend. Und sobald alle mit den ersten Getränken versorgt sind, erzählt er vom Hotel und Charles Gounod.

„Die Bar hier war der Eingang der Poststation. Die Kutschen fuhren hinein. In den Ställen dahinter wurden die Pferde getauscht. Die Reisenden stärkten sich im Restaurant“, erfahren wir von Jean-Francois. Viel lieber als von Charles Gounod erzählt der Barmann noch von dessen Frau Anna. „Saint Rémy war ein armes Dorf. Als Madame Gounod hier auftauchte, ja, das war eine Revolution. Sie müssen wissen, dass es zu jener Zeit verpönt war, dass eine Frau auf dem Dorf in ein Café ging oder sich auf eine Terrasse setzte. Madame Gounod tat es trotzdem. Sie war selbstbewusst. Ihre hellen Kleider erregten Aufsehen. Mit ihr kam der Pariser Schick ins Dorf.“

Ungewöhnliche Premiere im Haus de Tourrel

Ohne das Gedicht „Mirèio“ wäre Charles Gounod wohl niemals in die Provence gereist. Frédéric Mistral war hocherfreut über die Absicht des Komponisten und schrieb ihm am 25. Februar 1863: „Ich freue mich, dass Sie mein kleines Mädchen mögen, dass Sie nur in meinen Versen gesehen haben. Kommen Sie nach Arles, Avignon und Saint-Rémy. … Vor dieser Schönheit, diesem Licht und dieser Anmut werden Sie verstehen, wie leicht und charmant es ist, Poesie aufzunehmen. … Dass heißt Meister, dass die Provence und ich auf Sie warten.“ (aus Francois Davin: Charles Gounod, sein Leben – sein Werk, www.charles-gounod.com)

Die Visitenkarte mit Gounods Kopf.

Am 12. März reiste Gounod also nach Maillane zu Mistral und stellte ihm das Libretto von Michel Carré vor. Beide fuhren nach Saint-Rémy, wo Gounod inkognito Quartier bezog. Er blieb allerdings nicht lange unerkannt. Mistral hätte ihn gerne in seinem Haus untergebracht, doch die Mutter wollte keine Gäste aufnehmen wird überliefert. So trafen sich beide häufig im Hotel Ville Verte. Gounod saugte jede Menge Lokalkolorit auf. Und so spiegelt die Oper „Mireille“ provenzalische Traditionen, Glauben und Bräuche wider. Nach drei Monaten war das Werk vollendet. Nach dem Abschiedsbankett, dass Saint-Rémy zu Ehren Gounods gab, kam es zu einer ungewöhnlichen Premiere der Oper. Die Gesellschaft versammelte sich im großen Saal des Hauses der adeligen Familie de Tourrel d’Almeran an der Rue de la Place (heute Hotel de Tourrel, Rue Carnot, www.detourrel.com), und Charles Gounod sang einige Arien aus „Mireille“. Die Uraufführung fand 1864 im Théâtre Lyrique in Paris in Anwesenheit von Frédéric Mistral statt.

Die Oper „Mireille“

Mireille, Mirèio, ist eine junge Frau aus einer wohlhabenden provenzalischen Familie. Sie soll mit dem reichen Ourrias verheiratet werden, ist aber in den armen Bauern Vincent verliebt. Im Streit verletzt Ourrias Vincent, lässt ihn schwer verletzt zurück und ertrinkt selbst in der Rhône. Mireille erfährt vom Schicksal ihres Geliebten und pilgert nach Saintes-Maries-de-la-Mer, um für Vincents Genesung zu beten. Auf dem Weg erleidet die junge Frau einen Hitzschlag. In der Kirche angekommen, stirbt sie völlig entkräftet in den Armen des wieder gesunden Vincent. Engel begleiten sie in den Himmel.

Das Hotel Gounod

Wer es romantisch mag, ist im Hotel Gounod bestens aufgehoben. Das geschmackvoll eingerichtete Drei-Sterne-Haus ist ein wirkliches Kleinod mit schönem Garten und Swimmingpool. Die Zimmer sind alle unterschiedlich eingerichtet, einige haben hübsche kleine Terrassen. Das typisch französische Frühstück wird liebevoll serviert. Die Apéritif-Stunde sollte man nicht verpassen. Eine gute Adresse, um Saint-Rémy und die Geschichte der Oper „Mireille“ zu entdecken. www.hotel-gounod.com

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