Der neue Wein reift in den Cave, die Oliven sind längst geerntet. Das erste neue Olivenöl hat in den Küchen Einzug gehalten. Die Natur ist in ihre Ruhephase getreten. Vom Himmel strahlt an vielen Tagen dennoch das ewige Blau, zumal dann, wenn der Mistral von Norden Richtung Mittelmeer fegt. Jetzt, im Dezember, ist er eisig kalt. Aber: Der Fallwind aus dem Norden lässt die Wintersonne strahlen. Ein Grund, auch in dieser Jahreszeit die Provence zu bereisen und dem Winter-Grau in Deutschland den Rücken zu kehren.
Vergessen wir die Corona-Pandemie für diese Zeilen, bleiben wir zuversichtlich für das kommende Jahr und planen ein paar Tage Provence für den nächsten Winter ein.
Weihnachtsmärkte und Lichterglanz
Zwar ist die Weihnachtszeit im Midi inzwischen auch touristisch. Jede Stadt, jedes Dorf putzt sich mit bunten Lichtern und Weihnachtsbäumen heraus und veranstaltet Weihnachtsmärkte mit allerlei Leckereien und vielen netten Geschenkartikeln. Hotels bieten Festmenüs und Silvesterpartys an und sind lange voraus ausgebucht.
Die Weihnachtszeit beginnt traditionell am 4. Dezember, dem Namenstag der Heiligen Barbara, wobei die Schutzpatronin der Bergleute und der Artillerie wenig mit der Provence zu tun hat. Trotzdem werden an diesem Tag Weizenkörner – „Le blé de Sainte-Barbe“ – in drei Schälchen mit Baumwolle gelegt, die täglich gegossen werden. Sind am 24. Dezember grüne Triebe geschossen, kündigen sie Wohlstand und eine reiche Ernte an.
Aus Brauchtum wurde Kunsthandwerk
Mit Beginn der Weihnachtszeit werden in Kirchen und Wohnungen Krippen aufgestellt. Die Figuren sind die berühmten Santons, deren Geschichte mit den Ende der Französischen Revolution 1799 – vielleicht ein paar Jahre früher – begann. Nach der Revolution war die Religion erst einmal verboten und Kirchen geschlossen. Also baute die Bevölkerung Krippen in den Wohnstuben mit biblischen Figuren aus Ton, die bunt angemalt wurden, auf. Nach und nach kamen weitere Figuren hinzu. Die hatten mit der Weihnachtsgeschichte nichts mehr zu tun und verkörperten das provenzalische Brauchtum. Zunächst hielten Figuren traditioneller Berufe der Region Einzug in die Krippe, später auch der Polizist, der Postbote und viele andere.
Heute werden die Santons sehr aufwändig hergestellt. Ihre Kleidung wird aus typisch provenzalischen Stoffen genäht. Aus dem Brauchtum ist echtes Kunsthandwerk geworden. Der „Santonnier“ ist ein Ausbildungsberuf.
Das „Gros Souper“
Das Festessen, das „Gros Souper“, mit der ganzen Familie am Heiligen Abend ist der weihnachtliche Höhepunkt. Auch, wenn zu den sieben Gängen kein Fleisch gereicht wird, sondern Fisch, Gemüse der Provence und Käsespezialitäten, so ist es dennoch ein opulentes Mahl.
Die Besonderheit des Menüs sind die 13 Nachspeisen, „Treize desserts“. Dazu zählen weißer und schwarzer Nougat, Trockenfrüchte und kandierte Früchte, Mandeln, Nüsse, frisches Obst, die berühmten Calissons, Gebäck und ein spezieller Hefekuchen. Die Historie der „Treize desserts“ ist nicht eindeutig nachweisbar. Die Zahl 13 könnte auf Jesus und die zwölf Apostel zurückgehen, aber auch einfach nur eine Glückszahl sein. Ein Teil der Desserts wird erst nach der Christmette gereicht.
Die Weihnachtszeit endet schließlich am 6. Januar, dem Tag der Heiligen drei Könige.
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