Saint-Rémy-de-Provence legt Wert auf Traditionen.

Saint-Rémy-de-Provence, ein kleines und heiteres Städtchen

6. Februar 2021 | 0 Kommentare

Der tagsüber quirlige und abends beschauliche Ort im Schatten der Alpilles hat trotz touristischem Andrang im Sommer seine Authentizität bewahrt. Nostradamus und van Gogh haben ihm eine gewisse Popularität verliehen.

Ich weiß noch genau wie es war, als ich Mitte der 1990er Jahre zum ersten Mal nach Saint-Rémy-de-Provence reiste. Von Norden über die Autobahn 7 kommend, der Autoroute du Soleil, ging es nach der Ausfahrt 25 Cavaillon/Saint-Rémy auf die D 99. Immer geradeaus führt diese Straße, auf beiden Seiten gesäumt von uralten Platanen, direkt in den Ortskern. Es war Februar: An den Bäumen zeigte sich noch kein Blatt, aber die Büsche schimmerten bereits in zartem Grün. Der Mistral hatte jede Wolke vom Himmel gefegt, und die Sonne schickte ihre ersten wärmenden Strahlen. Wie schön muss es hier erst im Sommer sein, dachte ich.

Das war genau der Moment, in dem ich mich endgültig – nach einem Sommer an der Côte d’Azur im Jahr zuvor – in die Provence und in das Städtchen Saint-Rémy verliebte. Bis heute besuche ich es regelmäßig und freue mich, dass es seinen ursprünglichen Charakter behalten hat, ohne dabei auf gewisse Modernisierungen verzichtet zu haben.

Zwischen Rhône und Durance umgeben von Wein, Obst und Oliven

Rund 10.000 Einwohner zählt die Gemeinde, die rund 20 Kilometer südlich von Avignon zwischen Rhône zur linken und Durance zur rechten Seite liegt. Umgeben von Rebflächen, Obst- und Olivenhainen ist es ein idealer Standort zur Erkundung der Region mit ihren zahlreichen hübschen Dörfern. In den Luberon, nach Marseille oder in die Camargue zum Beispiel ist es jeweils nur einen Tagesausflug weit.

Altstadt mit Charme.

Saint-Rémy-de-Provence gehört zum Département Bouches-du-Rhône. Ein Teil der Gemeindefläche liegt im Bereich des Parc naturel des Alpilles, dem Regionalen Naturpark Alpilles. Ausschau nach einem Grundstück braucht dort deshalb niemand zu halten, denn es besteht seit einigen Jahren ein Bauverbot.

Der archäologische Park Glanum

Entstanden ist der heutige Ort Saint-Rémy dank der Alemannen, einem Volksstamm aus dem westgermanischen Kulturkreis. Sie zerstörten im Jahre 260 die zwei Kilometer südlich gelegene römische Siedlung Glanum. Die damaligen Bewohner ließen sich aber nicht vertreiben und gründeten eine neue Gemeinde, das heutige Saint-Rémy.

1921 begannen in Glanum, das über die D 5 Richtung Les Baux einfach zu erreichen ist, die Ausgrabungen der alten römischen Siedlung, deren Ursprünge bis in die Zeit der Kelten zurückreichen. Die freigelegten Ruinen stammen aus dem 1. Jahrhundert vor Christus. Die ältesten erhaltenen sind das Mausoleum und der Triumphbogen, das Wahrzeichen Glanums, einer der bedeutendsten archäologischen Ausgrabungsstätten Frankreichs. Mein Tipp: Meiden Sie den Besuch des Parks im Sommer. Die Hitze ist mörderisch.

Die Altstadt von Saint-Rémy

Die Boulevards Marceau, Victor Hugo, Mirabeau und Gambetta umgeben die romantische und autofreie Altstadt von Saint-Rémy. Innerhalb des Rings laden schmale Gassen zum Bummeln ein. Wer hier nach Neubauten sucht, sucht vergeblich. Viele der alten Häuser sind zwar renoviert und modernisiert worden – und werden es immer noch, aber ihr charakteristisches Äußeres ist erhalten geblieben: heller Sandstein, alte Laternen an den Hauswänden, bunte Fensterläden. Früh am Morgen und am späten Abend, wenn nur noch wenige Menschen unterwegs sind, mutet das Städtchen ein bisschen wie eine Filmkulisse an.

Nachts in der Altstadt von Saint-Rémy.

Seit meinem ersten Besuch in Saint-Rémy sind etliche Souvenirläden verschwunden. Dafür gibt es nun Galerien, Mode- und Accessoire-Boutiquen, Wein- und Olivenölhandlungen, Delikatessenläden, Geschäfte mit den so herrlich duftenden provenzalischen Seifen sowie Kosmetika aus Lavendel und natürlich ganz viele Bistros und Restaurants – von einfach bis zur Sterne-Küche.

Genießen Sie im Bistro auf dem Rathausplatz einen Apéritif oder eine „plat du jour“ und beobachten das bunte Treiben. Oder versuchen Sie, einen Platz in meiner Lieblings-Bar-Tabac am Boulevard Victor Hugo/Ecke Rue de la Commune, zu ergattern. Der Rosé hat immer die richtige Temperatur, die Lammkeule ist ein Genuss, und der Kellner hat stets einen Scherz auf den Lippen. Was mir an Saint-Rémy so gut gefällt ist, dass in den Cafés, Kneipen, Restaurants und den Bar Tabac genau so viele Einheimische wie Touristen sitzen, Jung und Alt gleichermaßen. Ins Gespräch kommt man irgendwie immer.

Auf den Spuren von Nostradamus und Vincent van Gogh

Beim Spaziergang durch die Gassen der Altstadt stößt der Besucher unweigerlich auf den Nostradamus-Brunnen an der Ecke Rue Carnot/Rue Nostradamus. Brunnen und Straße sind dem am 14. Dezember 1503 in Saint-Rémy geborenen Michel de Nostredame gewidmet. Der Weissager, Astrologe, Apotheker und Arzt, gleichwohl ein Studium der Medizin nicht eindeutig nachgewiesen werden kann, ist vor allem durch seine prophetischen Gedichte bekannt geworden. Nostradamus verbrachte seine Kindheit in Saint-Rémy. Sein Geburtshaus an der Rue Hoche ist so gut wie nicht mehr vorhanden. Der Gelehrte, den viele bis heute ungelöste Geheimnisse umgeben, starb 1566 in Salon-de-Provence. Dort ist er auch begraben.

Der Brunnen mit der Büste von Nostradamus.

Viel größere Bedeutung hat zweifelsfrei der niederländische Maler Vincent van Gogh für den Ort, obwohl er von Mai 1889 an nur zwölf Monate hier lebte. Freiwillig hatte er sich in die Nervenheilanstalt Saint-Paul-de-Mausole – in der Nähe von Glanum – einweisen lassen. Das Malen sah van Gogh als Therapie. So entstanden in Saint-Rémy einige seiner bedeutendsten Werke, unter anderen die „Sternennacht“. Seine Wirkungsstätte kann heute besucht werden. Ein lohnenswerter Van-Gogh-Spaziergang, der am Musée Estrine an der Rue Lucien Estrine in der Altstadt beginnt, ist ausgeschildert. Das Leben van Goghs in Saint-Rémy habe ich unter Kultur/Maler mit dem Titel „Vincent van Gogh auf der Suche nach den blauen Tönen und heiteren Farben des Südens“ ein wenig beschrieben.

Das Hotel Le Vallon de Valrugues

Dass ich das Hotel Le Vallon de Valrugues & Spa bei meinem ersten Aufenthalt in Saint-Rémy wählte, war Zufall. Doch so wie mich dieser schöne Ort in seinen Bann zog, tat es auch dieses Hotel. Es liegt etwas außerhalb des Ortes in einer Talsenke (vallon) in Nähe der Schlucht Gaudre de Valrugue. Bis zur Altstadt, die bequem zu Fuß zu erreichen ist, sind es weniger als tausend Meter.

Die große Villa mit 36 Räumen aus dem Jahr 1969 wurde 1988 von Francoise und Jean-Michel Gallon in ein luxuriöses Hotel umgebaut. Etliche weitere Renovierungen und Erweiterungen sind mittlerweile erfolgt, wobei das Haus mit seinem großen Außenpool seinen ländlich-provenzalischen Charme nicht verloren hat. Heute verfügt es über 50 Zimmer verschiedener Kategorien, einem Spa mit Indoor-Pool sowie allen Annehmlichkeiten eines 5-Sterne-Hotels.

Das Anwesen liegt mitten im Grünen. Von hier aus kann man gut die Umgebung zu Fuß oder mit dem Rad erkunden. Ein wunderschöner Spaziergang durch Weinfelder, vorbei an Mandel- und Olivenbäumen, führt zum Kloster Saint-Paul-de-Mausole, wo Vincent van Gogh zwölf Monate verbrachte. Die Ausgrabungsstätte Glanum ist ebenfalls gut zu Fuß zu erreichen. Nach einem Ausflug lässt es sich am Nachmittag herrlich am Pool entspannen. Den Apéritif genießt man auf der Wiese unter einer der alten Pinien oder auf der Terrasse unter Maulbeerbäumen. Dort verwöhnt Küchenchef Thibaut Serin Moulin mit ausgezeichneten Menüs.

Seit 40 Jahren ist dieses Haus nun im Familienbesitz. Inzwischen haben die Söhne Ludovic und Damien die Regie übernommen. Ihr Credo: authentische, traditionelle französische Lebenskunst vermitteln. Das gelingt ihnen vor allem auch durch die Wahl der Mitarbeiter. Viele von ihnen arbeiten schon seit Jahren im „Valrugues“ und betreuen die Gäste – viele kommen immer wieder – auf sehr persönliche Art. www.vallondevalrugues.com

Übernachten und gut essen

Direkt in der Altstadt von Saint-Rémy befinden sie zwei sehr empfehlenswerte Hotels: Das L’Hôtel de l’Image (www.hotel-image.fr) am Boulevard Victor Hugo ist das Schwesterhotel vom Le Vallon de Valrugues & Spa. Es ist modern eingerichtet, mit großem Garten und Pool, schöner Bar- und Restaurant-Terrasse.

Ein ganz außergewöhnliches Haus ist das Hôtel de Tourrel (www.detourrel.com) an der Rue Carnot. Das Gebäude aus dem 17. Jahrhundert wurde im Mai 2015 als Design-Luxushotel mit neun Zimmern eröffnet. Es verfügt über eine traumhafte Dachterrasse mit Bar. Im Restaurant verwöhnt Jérémy Scalia die Gäste. Für seine Kochkunst wurde er 2020 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.

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