Das schöne Saint-Rémy ist Schauplatz von Cay Rademachers neuem Provence-Krimi.

Mörder lieben den Sommer in der Provence

10. Mai 2025 | 0 Kommentare

Der nächste Sommer kündigt sich an, und wir freuen uns auf unbeschwerte Tage in der Provence – am Meer und auf dem Land. Blauer Himmel, Sonnenschein, laue Nächte, das ewige Konzert der Zikaden, Pastis, gekühlter Roséwein, fangfrischer Fisch und Lammbraten, all das gehört zum Sommerurlaub im Midi. Und wie immer würzen die neuen Provence-Krimis das so typisch französische Savoir-vivre mit ein wenig Nervenkitzel. Dafür sorgen Sophie Bonnet, Cay Rademacher und Pierre Martin.

Die Leserschaft begleitet die fast schon zum Freundeskreis gehörenden Romanfiguren bei den Ermittlungen und im Privatleben, das nicht immer ganz glatt verläuft. Sophie Bonnet entführt im elften Fall für Pierre Durand Provenzalisches Licht (blanvalet 14. Mai) in die schillernde Welt der Mode und gewährt einen Einblick in die Fertigung der farbenfrohen traditionellen provenzalischen Stoffe. Cay Radmacher schickt das Ermittlerteam um Roger Blanc in Rätselhaftes Saint-Rémy (Dumont 13. Mai) zur Ausgrabungsstätte Glanum bei Saint-Rémy, wo ein junger Archäologe den Tod fand. Eine geheimnisvolle Suche beginnt. Pierre Martin stellt Madame le Commissaire in Die gefährliche Begierde (Knaur 2. Mai) vor eine ganz persönliche Herausforderung: Ausgerechnet Isabells Freundin Clodine wird am angesagten Strand von Pampelonne in Saint-Tropez nach einer Party in ein Verbrechen verstrickt.

In der Stoffdruckerei Les Olivades. Foto: Sophie Bonnet

Sophie Bonnet: Provenzalische Stoffe und Pariser Haute Couture

Sophie Bonnet
Foto: M. Grundt

„Ich bin ein sehr visueller Mensch“, sagt Sophie Bonnet und verrät, dass sie das Thema Mode schon lange auf dem Block hatte. Die Hamburger Autorin, die viel Zeit in der Provence verbringt, hat selbst einmal in der Modebranche gearbeitet und kennt den Background dieser glamourösen Welt. „Inzwischen hat sich viel verändert. Es gibt immer mehr Kollektionen pro Jahr. Für die Modeschöpfer gestaltet sich die Situation immer schwieriger.“ In ihrem neuen Krimi Provenzalisches Licht öffnet Sophie Bonnet die Tür zu einer leuchtend bunten Welt, in der die traditionellen provenzalischen Stoffe und die Pariser Haute Couture eine Melange eingehen. Im kleinen Sainte-Valérie im Luberon findet die Modenschau des Designers Cyril Fontanel statt, und der Chef de Police, Pierre Durand, hat alle Hände voll damit zu tun, für die Sicherheit der illustren Gäste zu sorgen. Doch als Fontanel anonyme Morddrohungen erhält, wird die Sache heikel. Die Suche nach dem Täter führt Durand nach Tarascon. Auf die glitzernde Welt der Mode fällt ein Schatten. „Ohne Mord geht es nun mal nicht“, sagt Bonnet und gibt preis: „Diesmal habe ich den Kriminalfall in den Fokus gestellt. Das Privatleben von Charlotte und Pierre rückt ein wenig in den Hintergrund.“

Die Recherche zum neuen Krimi führte Sophie Bonnet in das etwas abseits der Touristenströme gelegene Tarascon. Ein Besuch aber lohnt sich, denn dort ist der Stammsitz der provenzalischen Stoff- und Modemanufaktur Soleiado mit großer Boutique und Museum. Ganz in der Nähe in Saint-Étienne-du-Grès befindet sich die 1818 gegründete Stoffdruckerei Les Olivades (Name seit 1977), die als einzige die alte Kunst des Stoffdrucks in Südfrankreich fortführt und weiterentwickelt. „Es war faszinierend, darüber vor Ort zu erfahren“, so Bonnet, die ihren Lesern verspricht, die Krimireihe mit Pierre Durand fortzusetzen. „Auf jeden Fall, denn ich habe noch so viele Ideen.“

Cay Rademacher

Cay Rademacher: Geheimnisvolle Suche in antiker Stätte

Cay Rademacher gerät ins Schwärmen, wenn er über seinen neuen Provence-Krimi spricht: „Die Alpilles sind eine wahnsinnig schöne Landschaft. Die Natur ist dort atemberaubend, die Stille, die Täler, die Ausblicke.“ Die Kalksteinkette im Südwesten der Provence zwischen Salon-de-Provence, Cavaillon und Arles hat es nicht nur ihm angetan. Wanderer und Naturliebhaber besuchen Jahr für Jahr diese Region. Und genau dort liegt der Schauplatz des 12. Falls von Capitaine Roger Blanc, dem Ermittler in Rademachers Krimireihe. In Rätselhaftes Saint-Rémy bringt der Autor seinen Lesern nicht nur die dortige Flora und Fauna näher, sondern auch Glanum, das Pompeji der Provence. In den antiken Ruinen aus der Römerzeit führt ein junger Archäologe der Pariser Sorbonne mit seiner Chefin und einem Kollegen Ausgrabungen durch. Doch der Forscher wird im Schacht einer Quelle, die den Kelten, Griechen und Römern heilig war, ermordet aufgefunden. Blanc und sein Team finden heraus, dass sich der junge Mann auf einer geheimnisvollen Suche befand, die ihn vielleicht das Leben gekostet hat.

Die Spuren führen auch in das schöne und bei Touristen so beliebte Städtchen Saint-Rémy. Rademacher: „Der Leser wird die Orte wiedererkennen. Die Cafés und schattigen Plätze, das Hotel an der Avenue Pasteur Richtung Glanum. Natürlich spielt das Archäologische Museum, das Hôtel de Sade, auch eine Rolle.“ Die adelige Familie aus Avignon ließ im Mittelalter dort ihr Stadtpalais errichten, wobei die Ruinen der einstigen römischen Thermen mit einbezogen wurden. Der Historiker Rademacher spinnt den Faden von Glanum, zum alten Stadtpalais und der Familie de Sade. „Es gibt viele Verdächtige und ein Verbrechen, das vor Jahrzehnten geschehen war. Ein Cold Case. Solche Fälle faszinieren mich besonders.“ Und die Alpilles. „Ich hätte nie gedacht, dass Teile dieses Gebirgszugs so schön sind. Rademacher, der mit seiner Familie seit vielen Jahren in der Nähe von Salon-de-Provence lebt, will jetzt die nördliche Provence erkunden – in Wanderschuhen. Und weil es ihm Spaß macht, Orte zu entdecken und zu beschreiben, erhält sein Krimi-Held Roger Blanc 2026 im 13. Fall erweiterte Kompetenzen und darf in einem größeren Radius ermitteln. „Entspricht vielleicht nicht ganz den französischen Polizeistrukturen, aber im Roman sicher legitim.“

Pierre Martin: Partylaune mit fadem Beigeschmack

Die wahre Identität von Pierre Martin bleibt weiterhin ein Geheimnis. Der unbekannte Autor nimmt seine Fans in seinem 12. Provence-Krimi wieder mit auf die Halbinsel von Saint-Tropez, wo der Jetset sich im Sommer gerne in den teuren Strandklubs vergnügt. In Madame le Commissaire und die gefährliche Begierde bekommt das ausschweifende Partyleben einen faden Beigeschmack. Isabelle Bonnets beste Freundin Clodine wird in einer psychiatrischen Klinik behandelt, nachdem sie früh morgens völlig nackt und verwirrt am Strand von Pampelonne aufgegriffen wurde. Clodine kann sich an nichts mehr erinnern. Wurden ihr Drogen verabreicht? Wo kommt das auffällige Armband her, das sie trägt? Isabelles Kollege, der etwas schrullige Apollinaire, stößt auf einen ähnlichen Fall – mit einer toten Frau.

Der geheimnisvolle Pierre Martin hat für seine Fans noch eine gute Nachricht. Seine Krimi-Reihe um Monsieur le Comte wird fortgesetzt. Lucien Comte de Characasse trägt ein schweres Erbe: Das alte Adelsgeschlecht gibt seit Generationen die Kunst des Tötens an die Nachkommen weiter. Auch Lucien musste schwören, die Tradition fortzusetzen. Doch Auftragsmorde liegen dem Frauenliebhaber und Weinkenner nun mal überhaupt nicht. Der dritte Band Monsieur le Comte und die Kunst der Entführung erscheint im November.

Noch einmal Rademacher

Als wir Cay Rademacher und seine Frau Françoise im vergangenen Sommer in Salon-de-Provence trafen, wollte er noch nicht über sein neues Nicht-Frankreich-Buch reden. Im Februar ist nun Nacht der Ruinen erschienen. Das Warten hat sich gelohnt. Nach seiner beklemmenden Hamburg-Trilogie – Der Trümmermörder, Der Schieber und Der Fälscher – die im Kältewinter 1946 und dem darauffolgenden Sommer in der vom Feuersturm verwüsteten Hansestadt handelt, führt Cay Rademacher in Nacht der Ruinen in das weitgehend zerstörte Köln.

März 1945: Die Domstadt ist quasi geteilt. Während die Amerikaner längst den größeren Teil kontrollieren, hält sich auf der Deutzer Seite das letzte Aufgebot der Deutschen ohne ernsthafte Gefahr zu verbreiten. Lieutenant Joe Salmon, wegen seines Namens von seinen Kameraden Fish genannt, erhält den Auftrag, den Mörder eines US-Bomberpiloten zu finden. Dieser war mit dem Fallschirm abgesprungen, in den Trümmern einer zerstörten Kirche gelandet und dort gelyncht worden. Dass ausgerechnet Joe ermitteln soll, liegt daran, dass er als Joseph Salomon in Köln geboren und 1938 mit seiner jüdischen Familie in die USA emigriert ist. Er kennt sie aus in seiner Heimatstadt, und er kann mit den Kölnern reden. Doch neben der gefährlichen Jagd nach dem Mörder treibt ihn ein weiteres Ziel: Er will wissen, was aus seinen engen Freunden Hilda und Jakub geworden ist. Bei der Spurensuche im zerstörten Köln gerät Joe in manch kitzlige Situation. Erlebt die Not der Einheimischen, trifft auf noch vorhandene Nazi-Seilschaften, spürt die Endzeitstimmung, die sich mit der Hoffnung mischt, dass der Alptraum bald vorbei sein wird. Cay Rademacher, Autor und Historiker, schafft es mit seinem detailreichen, packenden Roman, elegant geschrieben und mit einer raffiniert konstruierten Handlung, seine Leser in die damalige Zeit zu versetzen. Absolut lesenswert. (Alle Titel bei Dumont) Rolf Kiesendahl

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