Die Promenade des Anglais in Nizza bezaubert auch im Winter.

Eine Winterreise an die Côte d’Azur

4. Januar 2025 | 0 Kommentare

Schon Ende des 17. Jahrhunderts entdeckten die Briten die französische Riviera, um den nasskalten Wintern auf der Insel zu entfliehen. Das milde Klima mit viel Sonnenschein ist heute beste Voraussetzung für interessante Städtetrips zum Beispiel nach Menton, Nizza, Marseille und auch Montpellier in Okzitanien. Das große Kulturangebot macht die Winterreise jenseits von Schnee und tropischer Hitze perfekt.

Einst diente der Aufenthalt an der Blauen Küste rein therapeutischen Zwecken, auch noch als Briten, Russen und die ersten Deutschen die Mittelmeerküste Frankreichs als Sommerdomizil eroberten. Das Baden im Meer glich einem Kurbetrieb. Als zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Amerikaner über den Ozean schipperten und den modernen Jazz mitbrachten, änderte das Leben an der Côte d’Azur seinen Stil. Diesen hat es bis heute beibehalten: locker und fröhlich, zuweilen ausufernd und dekadent, luxuriös und mondän, weltoffen und doch so französisch. Vom Studierenden bis zum Millionär sind alle Gäste willkommen – nicht nur im Sommer.

Nizza schaltet einen Gang zurück

Nizza, die Schöne, ist erstes Ziel der Reisenden. Jetzt im Winter lockt das milde mediterrane Klima in diese faszinierende und pulsierende Stadt, lädt ein zu einem Spaziergang auf der berühmten Promenade des Anglais, einem Mittagessen unter blauem Himmel, einem Apéritif am Strand oder Vieux Port, dem alten Hafen. Die unvergleichlichen Farben und das Licht, der Lifestyle machen Nizza zu einer Destination für einen unvergesslichen Winter wirbt das Tourismus-Büro. Die Schöne am Meer hat Vieles zu bieten, was im Sommer, wenn die Stadt aus allen Nähten platzt und unter dem Strom der Touristen ächzt, unentdeckt bleibt. Seit 2021 gehören u.a. die Altstadt mit ihren zahlreichen Bistros und dem Marktplatz, die Küstenlinie, der Place Masséna, die Fußgängerzone im Herzen der Stadt mit ihren Luxus-Boutiquen sowie der obere Stadtteil Cimiez mit den Museen Matisse und Chagall zum Unesco-Welterbe. Die Architektur der Häuser und Nobelhotels aus der Belle Époque – auch wenn vielfach nur die Fassaden stehen geblieben sind – begeistern ebenso wie Gärten und Parkanlagen. In den Wintermonaten bei angenehmen Temperaturen schaltet Nizza einen Gang zurück. Und wir entdecken so Manches, was wir im Sommer übersehen. Auch das Meer hat nun einen ganz besonderen Reiz: Es zeigt sich zuweilen von seiner rauen Seite, bei fortschreitendem Klimawandel sogar zunehmend. Es erobert den im Sommer mit seinen komfortablen plages ausgestatteten Kiesstrand stückweise zurück. Im Frühling wird er wieder aufgeschüttet.

Mitte Februar allerdings ist es in Nizza für gut zwei Wochen mit der Ruhe vorbei: Le Carnaval de Nice lockt mehr als eine Million Besucher in die Hauptstadt der Côte d’Azur. In diesem Jahr vom 15. Februar bis 2. März unter dem Motto Roi des mers et des Océans. 1294 erstmals vom Grafen der Provence, Charles d’Anjou, erwähnt, ist er seit 1873 etabliert. Der Bürger Andriot Saëtone gründete das Comité des fêtes. Inzwischen wird dieser farbenfrohe und musikalische Karneval im gleichen Atemzug mit denen von Rio und Venedig genannt. Nach diesem kulturellen Großereignis wird es wieder ruhiger in Nice, das sich schließlich ab Ende April langsam auf den Ansturm der Sommergäste vorbereitet.

Menton lockt mit blühenden Gärten

Hübsche Gassen in der Altstadt von Menton.

In Menton, der östlichsten Stadt an der französischen Riviera, reichen sich Savoir-vivre und Dolce Vita die Hand. Frankreich und Italien schmiegen sich hier eng aneinander, stiften hin und wieder ein wenig Verwirrung. Fragen sich die Reisenden doch: Bin ich in Frankreich oder schon in Italien? Menton mit seinen gut 30.000 Einwohnern bewahrt in den hübschen Gassen der historischen Altstadt dörflichen Charakter, versprüht an der Promenade du Soleil mit seinen prachtvollen Gebäuden der Belle Époque das Flair eines mondänen Badeortes. An der Plage Sablettes, wo im Sommer das lebensfrohe und laute Strandleben mit italienischem Einschlag tobt, sind nur einige Spaziergänger unterwegs. An den Stränden zwischen dem Cap Martin und der Ponte San Ludovico, wo die Staatsgrenze verläuft, ist Ruhe eingekehrt. Eine kleine Wanderung am Meer entlang belebt Körper und Geist. Ganz besonders reizvoll sind im frühen Jahr Streifzüge durch die vielen Gärten von Menton, deren Geschichte bis ins 18. Jahrhundert zurück reicht. Die zahlreichen tropischen und subtropischen Gewächse wurden von den Engländern angepflanzt. Im milden Winter präsentieren sie sich nun in ihrer ganzen Schönheit, bevor der heiße Sommer sie in eine Ruhephase versetzt. Die wunderschönen Gärten sind nahezu alle für die Öffentlichkeit zugänglich.

Das Wahrzeichen der Stadt ist die Zitrone, die berühmte Menton-Zitrone mit geschützter Herkunftsbezeichnung. Ihr außergewöhnliches Aroma ist gekennzeichnet durch eine zarte Süße. Nicht nur ihr Saft schmeckt köstlich, sondern die ganze Frucht. Wer etwas über die Besonderheiten des Zitronenanbaus oberhalb des heißesten Ortes in Festland-Frankreich erfahren möchte, kann eine Zitronenplantage wie die Ferme des Citrons besuchen (Anmeldung erforderlich). Gefeiert wird die Zitrone jedes Jahr im Februar mit der Fête du Citron, auch Karneval von Menton genannt (15. Februar bis 2. März). Zahlreiche große und kleine Feste, Straßenumzüge, Folklore und Musik locken mehr als 200.000 Besucher in das kleine Menton, das kurzzeitig seinen Winterschlaf unterbricht.

Jean Cocteau (1889-1963), Schriftsteller, Regisseur und Maler, hat Menton geliebt und seine Spuren hinterlassen. Die alte Bastion direkt am Hafen gestaltete er zu einem Kunstmuseum mit eigenen Gemälden und Keramiken. Die meisten Werke im Musée Jean Cocteau-Le Bastion stammen heute aus der Séverin-Wundermann-Sammlung. Ein Cocteau-Kunstwerk besonderer Art ist der wunderschöne Hochzeitssaal im Rathaus der Stadt. Die Wandmalereien zeigen die Vermählung von Orpheus und Eurydike aus der griechischen Mythologie.

Marseille, ein Hotspot der Kreativ-Szene

Marseille, die älteste und zweitgrößte Stadt Frankreichs, um 600 vor unserer Zeitrechnung von den Griechen gegründet, ist dank ihres florierenden und wachsenden Hafens Zentrum für Handel und Einwanderung. Seinen schlechten Ruf hat Marseille längst abgelegt. Die Stadt ist heute ein Anziehungspunkt für Touristen und ein Hotspot der Kreativ-Szene. Vor allem junge Künstler aller Richtungen lassen sich nieder. Nun hat auch die Modebranche hier eine neue Bühne gefunden. Die Stadt, in der es zwischen Natur, Tradition und kulinarischen Köstlichkeiten viel zu entdecken gibt, wirbt mit dem mildesten Winter am französischen Mittelmeer. Marseille wächst und wächst, bietet Geschäftsleuten und Reisenden immer mehr Perspektiven. Der alte Hafen Vieux Port, die Basilika Notre Dame de la Garde und die Kathedrale La Major sind und bleiben Wahrzeichen dieser beeindruckenden Metropole. Die neuen Landmarken sind jung: Das einzigartige Mucem, das Museum der Zivilisationen Europas und des Mittelmeers an der Einfahrt zum Hafen, 2013 zur Ernennung Marseilles als Kulturhauptstadt Europas eröffnet, ist ein absolutes Highlight. Allein das Gebäude von Rudy Ricciotti ist ein architektonisches Meisterwerk. Das Cosquer Méditerranée gleich nebenan ist der exakte Nachbau der von Profitaucher Henri Cosquer entdeckten Steinzeithöhle, die mehr und mehr im Meer versinkt. Das Abenteuer à la Disney entführt den Besucher in eine imaginäre Unterwasserwelt. Die 2022 eröffnete Attraktion mit Naturkundemuseum kostete rund 23 Millionen Euro. Die neue Skyline gegenüber dem Fähr- und Kreuzfahrthafen spiegelt das moderne Marseille.

Marseille wirbt mit dem mildesten Winter am französischen Mittelmeer.

Das kulturelle Spektrum ist reichhaltig. Das liebevoll restaurierte älteste Viertel, Le Panier, ist eine Open-Air-Galerie für Street-Art-Künstler und lockt tags wie abends mit urigen Bistros. Galerien, zahlreiche Museen und historische Gebäude machen den Stadtbummel zu einem Erlebnis. Das Nationaltheater, die Oper und viele kleinere Bühnen, Restaurants und Hotels trendig oder luxuriös, eine überaus lebendige Musikszene, die wegen der Diversität ihrer Protagonisten nahezu jedes Genre vertritt, bieten Unterhaltung und Genuss auf hohem Niveau.

Montpellier mit dem feinen Sandstrand vor der Haustür

Schuhe aus, Füße in den Sand stecken und einen langen Strandspaziergang machen. Am Abend in einem kleinen Restaurant an einem der schönen Plätze, in der pittoresken Altstadt oder im angesagten Viertel Marché du Lez im Industrie-Design mit Streetfood, Flohmärkten und Veranstaltungen verbringen. Diese perfekte Mischung bietet Montpellier. Die Stadt, in der rund 80 Prozent der Bevölkerung unter 60 Jahre alt ist – oder besser jung ist – gehört nicht mehr zur Côte d’Azur. Sie liegt 170 Kilometer nordwestlich von Marseille zehn Kilometer landeinwärts. Sie ist einer der bedeutendsten Orte ohne antiken Hintergrund in Frankreich mit einem hohen Bevölkerungswachstum durch Zuzug. An der Universität mit der anerkannten medizinischen Fakultät sind Studenten aus aller Welt eingeschrieben. Gut bezahlte Jobs in der Hightech-Branche machen die Stadt für junge Menschen attraktiv. Pompöse Stadthäuser, die Oper aus dem 19. Jahrhundert, die Kathedrale Saint Pierre, der Triumphbogen, trendige Läden und Cafés, die Museen und das moderne Stadtviertel Antigone zeigen die vielen Facetten. Das Schönste an Montpellier ist der Strand direkt vor der Haustür. Vom Stadtzentrum fährt die Straßenbahnlinie 3 in knapp einer halben Stunde nach Pérol L’Étang de L’Or. Von dort sind es weniger als drei Kilometer mit dem Bus zum Strand. Auch im Winter sind dort Hotels, Restaurants und Bistros geöffnet.

Kunst am Bau in Montpellier.

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