Nizza, Nice: schön, mondän, traditionell, modern, geliebt und gehasst, dekadent und teuer. Die Liste der Adjektive für die geschichtsträchtige Stadt auf dem schmalen Streifen zwischen Mittelmeer und den Maritimen Alpen lässt sich beliebig verlängern. Ob positiv oder negativ: Nizza besitzt eine magische Anziehungskraft. Die meisten Besucher sind keine Eintagsfliegen. Dieser Stadt verfällt, wer zwischen Nostalgie und dem Luxussegment des Massentourismus die goldene Mitte gefunden hat.
Morgens und abends starten und landen die Flugzeuge auf der dem Meer abgerungenen Rollbahn im Minutentakt. Dabei kommen sie den Badenden am Strand und den Spaziergängern auf der Promenade zuweilen recht nahe. Der Lärm der Triebwerke gehört zur Geräuschkulisse wie das Hupen der Autos, das Knattern der Mopeds, das fröhliche Kreischen der Kinder, den Bässen aus den Lautsprecherboxen der Open-Air-Clubs. Nizza findet keine Ruhe. Und das stört hier niemanden.
Die High Society entdeckt die Französische Riviera
In den 1820er Jahren sind es Engländer und Russen, die die Französische Riviera und damit auch Nizza als Winterquartier entdecken. Die Temperaturen schmeicheln zwischen Dezember und März frühlingshaft. Es dauert nicht lange bis die High Society auch den Sommer an der Côte d’Azur verbringt. 1822/24 wird die Promenade des Anglais auf Initiative der Engländer angelegt, 1864 Nizza an die Eisenbahnlinie angebunden. Rund um Place Garibaldi und Place Masséna entstehen die prachtvollen Häuser und Luxushotels der Belle Époque (1884-1914). An der Promenade wird 1912 das berühmte „Le Negresco“ mit seiner weißen Fassade und der pinkfarbenen Kuppel eröffnet. Der Rumäne Henry Negresco ließ es bauen, und Gustave Eiffel entwarf die Stahlkonstruktion der Kuppel. „Freimütig erzählte er, dass die Brust einer seiner vielen Geliebten ihm dazu als Modell gedient hatte; nur von welcher, das wisse er nicht mehr ganz genau“ ist im Reisebuch „Durch den Süden Frankreichs“ von Manfred Hammes nachzulesen. Der Erste Weltkrieg beendet das Luxusleben an der Côte d’Azur.
Die Goldenen Zwanziger Jahre
Nach dem Krieg erblüht das Leben rasch wieder. Treffpunkte der kulturellen Avantgarde sind Großstädte und Seebäder, die ebenso wie das Glücksspiel in Mode kommen. Und wieder sticht Nizza heraus: mit dem Casino de la Jetée-Promenade, im Meer auf Stelzen gebaut, und dem Casino Municipal am Place Masséna. Das reicht den Stadtpolitikern aber nicht. Sie wollen den Tourismus ankurbeln; ein dritter Unterhaltungstempel für Adel und Geld-Adel muss her. Nach zweijähriger Bauzeit wird am 10. Januar 1929 das „Palais de la Méditerranée“ mit Theater, Restaurant und Spielsälen an der Promenade des Anglais eröffnet. Das Art-Deco-Gebäude wird zur Ikone französischen Luxuslebens. Eisenbahn-Magnat Franck Jay Gould und Joseph Aletti, Besitzer mehrerer Luxushotels, sind die Geldgeber, Charles und Marcel Dalmas die Architekten.
Die Menge bewundert das schönste Gebäude in der Stadt. In der imposanten Konzerthalle des gigantischen Art-Deco-Palastes geben sich in mehr als 50 Jahren die Stars die Klinke in die Hand. Das Spielcasino wird als das schönste der Welt tituliert. Dann beendet ein zweites Mal ein Krieg das sorgenfreie und ausschweifende Leben der Oberschicht. Nach Kriegsende kommt das „Palais de la Méditerranée“ nicht wieder so recht auf die Beine, gerät in finanzielle Probleme und muss 1978 schließen – für 26 Jahre.
Vom Verfall bis zum Wiederaufbau
Ich erinnere mich noch genau an die dem Verfall preisgegebene Fassade am schönsten Abschnitt der Promenade. Mal versprach ein Plakat das Entstehen luxuriöser Eigentumswohnungen, doch nichts geschah. 1990 sollten die Reste des inzwischen instabilen Gebäudes dem Erdboden gleich gemacht werden. In letzter Minute verhinderte der damalige französische Kulturminister Jack Lang den Abriss der Fassade und stellte sie 1989 unter Denkmalschutz. Doch es sollte bis 2001 dauern bis die Société Hôtelière du Palais de la Méditerranée und die Société du Louvre zusammen mit dem Geschäftsmann Jean-Frantz Taittinger für 120 Millionen Euro hinter der monumentalen Fassade ein modernes und zeitgenössisches Hotel bauen ließen. Im Jahr 2004 wurde die Fünf-Sterne-Nobelherberge mit Innenhof, Restaurants, Indoor-Outdoor-Pool und vor allem fantastischem Meerblick eröffnet. Im Gebäude-Komplex befinden sich auch ein Casino und ein Konzertsaal.Während die Casinos Jetée Promenade und Municipal 1944 und 1979 abgerissen worden waren, lebt das „Palais de la Méditerranée“ weiter.
Ein unvergleichlicher Blick
Damals … und heute.
Die Preise für dieses von der US-amerikanischen Hotelgruppe Hyatt gemanagte Haus sind ebenso hoch wie die der anderen Luxusherbergen. Aber es muss ja nicht gleich die Penthouse-Panorama-Suite sein. Ein Drink in der „Le 3e Lounge Bar“ oder ein Dinner im „Le 3e Restaurant Terrace“ auf der dritten Etage im Innenhof werden in Erinnerung bleiben. Der Blick von dort über die Promenade des Anglais hinaus auf das Mittelmeer ist unvergleichlich – tagsüber wie abends. Ein bisschen Luxus muss sein! An den Wänden auf dem Gang vom Fahrstuhl zum Innenhof hängen Fotos aus den Goldenen Zwanziger Jahren – ein Hingucker.
Was wäre Nizza ohne seine legendären Strände
Die „Plage“ sind die privaten Strände in Nizza. Ursprünglich gehörten sie zu den Luxushotels und Casinos, heißen deshalb heute noch Ruhl Plage, Plage Beau Rivage, Plage Lido oder Plage Opéra. Heute sind sie für jeden zugänglich, der bereit ist, für einen Strandtag tief in die Tasche zu greifen. Zwei Liegestühle mit Matratzen, Handtüchern und Sonnenschirm kosten knapp 60 Euro. Ein Gläschen Wein oder Bier, ein Snack direkt am Liegestuhl serviert oder gar ein Mittagessen im Strandrestaurant … da kommen im günstigsten Fall locker 100 Euro für Zwei zusammen. Das Trinkgeld für Kellner und Beach-Boys nicht vergessen. Dafür aber genießt der Gast das Flair vergangener Zeiten. Und in den Katakomben unter der Promenade stehen peinlich saubere moderne Umkleiden, Duschen und Toiletten zur Verfügung.
„Die Plage von Nizza sind ja heitere kleine Freiluftrestaurants – man sonnt sich auch schon in bequemen Liegestühlen, und Kinder, wie überall auf der Welt, laufen ihrem Ball hinterher. Aber eigentlich wird dort zu Mittag gegessen (in den heißen Sommermonaten auch zu Abend); blumengeschmückte Tische unter Markisen oder Schirmen … bieten dem Gast, was es so auf der Welt nicht noch einmal gibt: vor sich das tatsächlich azurne Meer …“ beschreibt Fritz J. Raddatz in seinem Buch „Nizza – mon amour“. Wohl wahr!
Wer zum Strand geht, muss wissen, dass er dort kein einziges Sandkorn findet. Dicke Kieselsteine – zwischen den Liegestuhlreihen mit Strohteppichen abgedeckt – machen das Laufen mit nackten Füßen so gut wie unmöglich. Der Kauf von Badeschuhen ist deshalb unerlässlich, vor allem für die, die ins Meer hineinlaufen und schwimmen wollen. Wer es dennoch ohne versucht, trägt mit seinem tolpatschigen Bewegungen unfreiwillig zum Amüsement der Badegäste bei. Kostenlos genießen kann man den Strand natürlich auch: auf den „Plage publique“. Dort tummeln sich meist junge Leute und die Nicois nach Feierabend.
Tourismus
- Seit dem 19. Jahrhundert übt Nizza eine ungebrochene Anziehungskraft aus. Nachdem Engländer und Russen ab den 1820er Jahren die französische Riviera zum Winterquartier machten, wuchs in den folgenden 200 Jahren das Interesse an unbeschwerten und sonnigen Ferientagen an der Côte d’Azur unaufhörlich. Nach Nizza, das 340.000 Einwohner zählt, reisten 2019 rund 2,6 Millionen Touristen, die meisten in den Sommermonaten. Längst ist Nizza ein ganzjähriges Reiseziel. Die kurzen Flugzeiten innerhalb Europas (von Deutschland ca. 1.30 Stunden) machen selbst ein Wochenende attraktiv. Durchschnittlich 300 Sonnentage im Jahr tun ihr übriges.
Palais de la Méditerranée
- Das Fünf-Sterne-Hotel an der Promenade des Anglais bietet 178 komfortable Zimmer (35 bis 60 Quadratmeter), davon 60 mit Meerblick, und 9 Suiten. Das Interieur ist zeitgemäß. Die meisten Zimmer haben Balkon oder Terrasse. Indoor-Outdoor-Pool, Sauna, Spa, Fitness-Center und Business-Center sind weitere Annehmlichkeiten. Der Empfang ist freundlich, der Service in der Gastronomie sehr gut. Besonderes Lob verdienen die Concierges, die nicht nur gute Tipps für Unterhaltung und Restaurants parat haben, sondern oft auch Unmögliches möglich machen. Neustadt und Altstadt sind in wenigen Fußminuten zu erreichen. Bis zum alten Hafen geht man gut 20 Minuten. Die Panorama-Aussicht auf die Baie des Anges (Bucht der Engel) von den Zimmern und der Restaurant- und Barterrasse ist einzigartig. Das Palais de la Méditerranée ist seit 2019 mit dem „Green Globe“ zertifiziert, dem führenden globalen Nachhaltigkeitssiegel für Tourismus und Reise.
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