Straßenmusikanten in der Altstadt von Apt.

Apt – die heilige Anna und die süßen Früchte

12. Oktober 2024 | 0 Kommentare

Die kleine Stadt Apt im Herzen des Luberon ist die Welthauptstadt der kandierten Früchte, eine provenzalische Spezialität. Nostalgie und Gemütlichkeit im Schatten der Kathedrale Sainte-Anne und der berühmte Wochenmarkt locken Scharen von Touristen an.

Der Luberon ist für die meisten Südfrankreich-Reisenden das Herz der Provence. Die Gebirgskette aus Kalkstein liegt zwischen Cavaillon im Westen und Manosque im Osten, zwischen Gordes im Norden und Lourmarin im Süden. Sanfte Hügel, Lavendelfelder, Rebflächen und Obstplantagen prägen diese Landschaft ebenso wie die zahlreichen Dörfer mit ihrem nostalgischen und unverwechselbaren Charme. Die Kleinstadt Apt, mitten im Zentrum des Naturparks Luberon gelegen, mittelalterlich und mit römischen Wurzeln, ist das Wirtschaftszentrum dieser dünn besiedelten Region zwischen den Autobahnen 7 im Westen und 51 im Osten. Rund um Apt eifern die wunderschönen Dörfer Gordes, Roussillon, Ménerbes, Lacoste und Bonnieux, Saignon und Lourmarin um die Gunst der Reisenden.

Das Rathaus in Apt.

Die Grundstückspreise im Luberon – sofern überhaupt noch Bauland verfügbar ist – sind exorbitant hoch. Zum Verkauf angebotene Villen können sich nur die oberen Zehntausend leisten. Seit den 1970er Jahren haben sich im Luberon der französische Geldadel, reiche Briten und betuchte Deutsche niedergelassen. Ende der 1980er Jahre avancierte die Region zu einem gefragten Reiseziel. Seitdem fallen Scharen von Touristen – bevorzugt im Sommer – über diese einzigartige Landschaft unter ewig blauem Himmel ein. Es ist müßig zu sagen, dass der britische Autor Peter Mayle, der viele Jahre in der Provence lebte und 2018 in Ménerbes starb, maßgeblich an dieser Entwicklung beteiligt war – ungewollt und rein zufällig. Seine weltweit verkauften und in viele Sprachen übersetzten humorvollen Provence-Romane haben diesen Boom ausgelöst. Die von der Landwirtschaft geprägte Region profitiert bis heute: die Bauern, die Handwerker, die Händler, die Gastronomen und viele andere. Auch, wenn manche Dörfer und kleine Städte zuweilen dem Ansturm der Sommergäste kaum gewachsen sind, schadet dies ihrer Beliebtheit in keinster Weise.

Ein außergewöhnlicher französischer Markt

Ein Beispiel ist Apt. Umgeben von Obstplantagen und Rebflächen, Lavendel- und Getreidefeldern ist der rund 10.500 Einwohner zählende Ort mit seiner charmanten Altstadt besonders an Samstagen Hotspot für Reisende aus aller Herren Länder und lockt mit seinem provenzalischen Markt: so typisch, so köstlich. „Reich an Farben und Aromen wird er aufgrund seiner Atmosphäre, seiner Beständigkeit und Originalität als außergewöhnlicher französischer Markt bezeichnet“, werben Verwaltung und Touristik-Büro der Stadt für den seit dem 12. Jahrhundert stattfindenden Warenhandel. Zwischen Place de la Bouquerie und Cours Lauze de Perret stellen regionale Händler in der Fußgängerzone im historischen Stadtkern ihre Stände auf. Das Angebot: wie auf jedem großen provenzalischen Markt. Und wer durchs Land reist, wird den Händlern an anderen Tagen auf anderen Märkten wieder begegnen. Es gibt Märkte, die sind größer und bekannter, andere, kleinere wegen ihrer Authentizität bei Provence-Kennern besonders beliebt. Eins aber haben sie alle gemeinsam: Sie versprühen die Heiterkeit des Midi und sind Lebensfreude pur.

Die Sünde: kandierte Früchte. Foto: pixabay

Eine große Kleinigkeit macht Apt dann aber doch noch zu einem besonderen Marktplatz: kandierte Früchte. Apt trägt sogar den Titel Welthauptstadt der kandierten Früchte. Die fruits confits d’Apt waren schon im Mittelalter Handelsgut. Die überaus süßen, glänzenden, kristallisierten Früchte sind eine typisch provenzalische Leckerei und vor allem in der Weihnachtszeit unverzichtbar, gehören sie doch zu den dreizehn Desserts des Weihnachtsmenüs. Der von der Sonne verwöhnte Luberon ist seit jeher für den Obstanbau prädestiniert. Vor allem Kirschen und Aprikosen reifen mit besonders hoher Qualität heran. Bereits im 14. Jahrhundert wurden im Luberon Früchte kandiert, um sie über den Winter haltbar zu machen. Im Maison du fruits confits in Apt kann man einiges über die Tradition und Herstellung der verführerischen Süßigkeit erfahren. 2018 wurden die fruits confits in das Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes Frankreichs aufgenommen.

Eine der ältesten Kirchen der Provence

Der Tour de l’Horloge.

Apt, einst römisches Militärlager, kann nicht mit bedeutenden Sehenswürdigkeiten aufwarten. Das gut erhaltene mittelalterliche Zentrum mit kleinen Boutiquen, Läden für den täglichen Bedarf, Cafés und Imbissen lädt zum Bummeln ein. Plätze mit Brunnen und prächtige Stadthäuser mit leicht morbidem Charme verleihen Apt einen besonderen Charakter und verbreiten Nostalgie und Gemütlichkeit. Das interessanteste Bauwerk erhebt sich mitten aus dem Gewirr der kleinen Gassen: die Kathedrale Sainte-Anne mit der vergoldeten Madonna auf der Kuppel. Das schlichte Gotteshaus aus dem 12. Jahrhundert zählt zu den ältesten Kirchen der Provence und ist der Mutter der Jungfrau Maria, der Großmutter Jesus, gewidmet. In der unteren Krypta aus dem ersten Jahrhundert wurde laut Überlieferung ein Schleier der Heiligen Anna gefunden. Dieser wird in einem Reliquienschrein in der Anna-Kapelle der Kathedrale, die Mitte des 16. Jahrhunderts erbaut wurde, aufbewahrt. Eine Art Wahrzeichen der typisch provenzalischen Kleinstadt ist der Tour de l’Horloge in der Rue des Marchands unweit der Kathedrale.

Ein Ausflug nach Apt lohnt sich ganz sicher. Wer Zeit hat, die man in der Provence eigentlich immer haben sollte, genießt das quirlige Leben samstags auf dem Markt und besucht die kleine Stadt ein zweites Mal an einem anderen Wochentag. Der Unterschied ist frappant.

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