Der Place aux Herbes im mittelalterlichen Uzès.

Uzès und seine besondere Verbundenheit zur Literatur

11. September 2021 | 1 Kommentar

Das kleine Städtchen Uzès, unweit des Welterbes Pont du Gard, auf der Landkarte ein Dreieck mit Avignon und Nîmes bildend, verdient die Aufmerksamkeit des Reisenden. „Erstes Herzogtum Frankreichs“, damit wirbt das Office de Tourisme. Seine Märkte ziehen die Feriengäste an. Ohne die Römer würde es den Ort wohl nicht geben.

Erste Spuren der Siedlung auf einem Kalksteinplateau östlich der Cevennen lassen sich auf die Zeit der Kelten datieren. Die Entwicklung des Ortes geht einher mit der Eroberung Südgalliens durch die Römer und dem Bau der Pont du Gard. Etwas abseits der mittelalterlichen Altstadt, nahe dem Flüsschen L’Alzon, erinnern die Überreste eines Aquädukts und eines gut erhaltenen Beckens zur Wasserregulierung an die Römer.

Mitten im historischen Zentrum von Uzès aber zieht das Fürstenschloss, das markanteste Gebäude, das Interesse der Besucher auf sich. Die Burg der Feudalherren und Herzöge thront quasi auf den Grundmauern eines römischen Militärlagers. Der Bermonde-Turm aus dem 11. Jahrhundert ist nach seinem Erbauer benannt. Das Schloss machte im Laufe seiner Geschichte mehrere Veränderungen durch. So stammt die Kapelle aus dem 15. Jahrhundert. Diese, einige Salons und das Weinlager können besichtigt werden. Wer mag klettert den Turm hoch – übrigens der höchste in Uzès – und genießt eine wunderbare Aussicht auf das Umland. Die Ära der Feudalherren ist längst Geschichte. Sie begann im 11. Jahrhundert mit den Lehnsherren, später Vizegrafen und seit 1546 den Herzögen. 1848 wurden die Adelstitel in Frankreich abgeschafft. Die Nachkommen des letzten Herzogs von Uzès, Marie Francois Emmanuel de Crussol, sind heute Titular-Herzöge.

Wandmalerei im mittelalterlichen Garten, dessen Türme einst auch als Gefängnis dienten.

Genuss für alle Sinne: der mittelalterliche Garten

Unseren Lieblingsplatz haben wir in der charmanten Provinzstadt schnell gefunden: den mittelalterlichen Garten. Durch den eher unscheinbaren Eingang an der Rue Port Royal gelangen wir in den romantischen Innenhof. Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Eine nette Dame mit großem Strohhut und Gärtnerhandschuhen kommt auf uns zu, erklärt uns freundlich die Anlage, stattet uns mit einem Plan aus und lädt uns nach dem Rundgang zu einem Becher Kräutertee ein. Der Garten, zwischen dem Turm des Bischofs und dem Turm des Königs 1995 nach mittelalterlichem Vorbild angelegt, ist ein umschlossener Bereich. Kräuter und Pflanzen, die dort gedeihen wurden damals im häuslichen Leben für die Gesundheit und zum Kochen verwendet. Für Botaniker eine wahre Freude. Und wir lassen uns die wunderbaren Aromen in die Nasen steigen. Im königlichen Raum und in der Kapelle finden temporäre Ausstellungen statt. Auch hier kann, wer Lust hat, auf den Turm klettern, den königlichen.

Das Andenken an den Nobelpreisträger Andrè Gide

Was uns an Uzès, das auch heute kaum 9000 Einwohner zählt, besonders beeindruckt, ist seine Verbundenheit zur Literatur. Verantwortlich dafür, um es so zu formulieren, ist der Nobelpreisträger von 1947 André Gide (1869-1951). Nun erblickte zwar nicht er in diesem beschaulichen Örtchen das Licht der Welt, aber sein Vater Paul und sein Onkel Charles wurden hier geboren. Das Geburtshaus seines Onkels steht gegenüber der Kirche Saint Étienne. Der junge André verbrachte viel Zeit in Uzès. Manfred Hammes zitiert ihn in seinem Buch „Durch den Süden Frankreichs“: „Von ganzer Seele liebte ich die Uzès umgebende Landschaft, das Tal mit der Quelle der Eure und die rauhe felsige Einöde“. Die Stadtväter halten das Andenken an den großen Schriftsteller in Ehren mit dem André-Gide-Preis für Erstlingsromane junger Autoren aus Südfrankreich und den „Jeudis littéraires“, an denen junge Autoren an ungewöhnlichen Plätzen ihre neuen Werke vorstellen. Außerdem lockt ein jährliches Bücherfest Autoren und Literaturfans gleichermaßen an.

Wir sitzen in einem kleinen Bistro an der Place du Duché und lassen bei aromatischen Tomatensalat und Vin de Rosé unsere Eindrücke Revue passieren. Ja, dieses Städtchen mit seinen pittoresken Gassen, den uralten Platanen, seinen Arkaden, dem großen Place aux Herbes mit dem Brunnen in der Mitte, seinen Türmen, den Kirchen, dem mittelalterlichen Garten und seiner Geschichte ist einen Besuch wert. Samstags, wenn der große Markt stattfindet, platzt das Örtchen aus allen Nähten.

Im Umkreis von wenigen Kilometern – und in Uzès selbst – gibt es zahlreiche Übernachtungsmöglichkeiten von einfach bis Fünf-Sterne-Niveau. Sehr romantisch und typisch französisch ist Arpaillargues-et-Aureillac mit seinem Schloss aus dem 18. Jahrhundert (heute ein Hotel). Nîmes ist gerade mal 25 Kilometer entfernt, Avignon 40.

Typisch französisch: der Rathausplatz mit Bistro in Arpaillargues-et-Aureillac.

Musée du Bonbon

Wer es zuckersüß mag, dem sei noch das Musée du Bonbon, drei Kilometer außerhalb von Uzès empfohlen. Dort betreibt der 1920 in Bonn gegründete Süßwarenkonzern Haribo seine Werksniederlassung in Frankreich. Das deutsche Unternehmen kaufte 1967 Anteile der Süßwarenfabrik Lorette in Marseille, die fortan Haribo-France hieß. Seit der Fusion 1987 mit Ricqles Zan betreibt Haribo in Marseille, Uzès und Wattrelos Produktionsstätten in Frankreich. In einer alten Mühle bei Uzès befindet sich das 1996 eröffnete und weltweit einzige Haribo-Museum. Es zeigt alte Plakate, Verpackungsmaterial, Werbeartikel und alte Maschinen.

1 Kommentar

  1. Schade, schade, dass Sie Peter Kurzeck nicht erwähnen, der sich ja auch in Uzès niederließ und ein durchaus bemerkenswerter Autor war mit feinem Gespür für Alltagbeobachtungen – u.a. in und um Uzès

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