In verschiedenen gelb, orange und rosa Farbtönen kleben die Häuser in der Altstadt von Villefranche-sur-Mer aneinander. Durch schmale Gassen führt der Weg hinauf zur Kirche Saint-Michel. Kleine Läden und Bistros laden zum Stöbern und Verweilen ein. Viel schöner ist es noch unten am Quai de l’Amiral Coubert. Bei einem Apéritif oder einem Abendessen, die bunten Häuser im Rücken und das Mittelmeer vor Augen, klingt ein Ferientag an der „Blauen Küste“ geschmackvoll aus.
Im traditionsreichen Restaurant „La Mère Germaine“ stehen einige Tische direkt auf dem Kai. Zu den Füßen schlagen sacht die kleinen Wellen gegen die Mauer und vor uns auf dem Teller liegt ein handgeangelter Loup de mer. Der Blick schweift über die Bucht von Villefranche. Bunte Fischerboote liegen festgezurrt im Hafenbecken. Etwas weiter draußen wiegen sich Yachten und Segelboote in der Abendbrise. Und noch ein Stück weiter hinaus Richtung offene See liegen Kreuzfahrtschiffe auf Reede.
Heimathafen der Sechsten Flotte der US-Navy
Das natürliche Hafenbecken von Villefranche-sur-Mer ist bis zu 60 Meter tief. Schon in der Antike haben Griechen und Römer diese Lage in der Bucht zwischen dem Mont Boron im Westen und dem Cap Ferrat strategisch genutzt. Um Stadt und Hafen vor möglichen Angreifern zu schützen, ließ 1554 der Herzog von Savoyen die Zitadelle Saint-Elme bauen. Heute beherbergt sie die Stadthalle und vier Museen. Für die Sechste Flotte der US-Navy war die Bucht von Villefranche nach dem Zweiten Weltkrieg Heimathafen. Erst 1966, als Frankreich, 1949 eines der Gründungsmitglieder der NATO, aus deren Kommandostruktur austrat, wurde die Sechste Flotte nach Gaeta/Italien verlegt. Das Hauptquartier der North Atlantic Treaty Organization musste deshalb von Paris nach Brüssel umziehen. Präsident Nicolas Sarkozy führte Frankreich 2009 wieder zurück in die Kommandostruktur der NATO.
„La Mère Germaine“ und die Seeleute
Die Geschichte des Restaurants „La Mère Germaine“ ist eng verbunden mit der Stationierung der Marine in der Bucht von Villefranche. 1938 eröffneten Germaine und Louis Brau das Restaurant direkt am Kai. Germaine, die als junge Frau in der Nähe ihres Geburtsortes Saint-Nazaire in einem US-amerikanischen Militärcamp eine Ausbildung zur Köchin absolviert hatte, bewirtete in dem südfranzösischen Fischerdorf regelmäßig Marine-Soldaten. Die Seeleute, so ist es auf der Homepage des Restaurants (www.meregermaine.com) nachzulesen, sind gern zu ihr gekommen, weil sie ihre Sprache sprach, ihnen zuhörte und mit einem guten Essen das Heimweh erträglicher machte. „La Mère Germaine“ ist nach wie vor ein sehr angesagtes und von Gourmet-Führern empfohlenes Restaurant und wird von der Familie in dritter Generation betrieben.
Cocteaus Arbeit war nicht unumstritten
Mitte der 1950er Jahre war auch der Schriftsteller, Künstler und Filmemacher Jean Cocteau (1889-1963) dort Stammgast. 1956/57 gestaltete er das Innere der Kapelle Saint-Pierre, dem Schutzheiligen der Fischer. Diese Arbeit stieß nicht überall auf Gegenliebe. Die Fischer von Villefranche und den benachbarten Orten hätten dort, wie es überliefert ist, viel lieber ihre Netze untergebracht. Nun, dank Jean Cocteau, ist die Kapelle heute neben der Zitadelle sicherlich die bedeutendste Sehenswürdigkeit des malerischen Ortes Villefranche-sur-Mer.
Der natürliche Hafen der 5000-Einwohner-Gemeinde ist übrigens der größte Kreuzfahrthafen Frankreichs. Nur gut, dass die schwimmenden Hotels auf Reede liegen müssen. So können die Gäste in den Restaurants auf dem Quai de l’Amiral Coubert ungehindert den wunderschönen Blick auf das Mittelmeer genießen.
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